"Zwischen Anpassung und Widerstand"
Kirche im dritten Reich
Freiarbeit für die Jahrgangsstufe 10

Die Vorgeschichte II - "Rotfront gegen SA"

Schon kurz nach Ende des ersten Weltkrieges kam es vor allen in den deutschen Großstädten zu ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Kommunisten und deutschnationalen Gruppen. Diese Auseinandersetzung flammte in den späten 20er und frühen 30er Jahren erneut auf. Mit der zunehmenden Wirtschaftskrise seit Ende der 20er Jahre erhielten die radikalen Gruppierungen auf beiden Seiten des Parteienspektrums (Kommunisten bzw. Nationalsozialisten) stetigen Zulauf. Dabei wurde die Auseinandersetzung von der politischen Bühne zunehmend auf die Straße verlagert. Folgende Materialien geben einen beispielhaften Überblick:

Straßenschlacht am "Roten Platz"

Im Rahmen dieser Veranstaltung [Tagung des Stahlhelmgaus Celle] wurde am 12. Juli [1932] ein Werbemarsch durchgeführt, der den schwersten politisch motivierten Zwischenfall provozierte, den die Allerstadt während der Krisenjahre der Weimarer Republik erlebte, als die Kolonne der rechtsgerichteten Verbände den Weg durch das Arbeiterviertel Blumlage nahm.

SA marschiert in CelleVon der Spichernstraße - der jetzigen Hostmannstraße - her kommend, bog der Zug in die Blumlage ein und bewegte sich stadteinwärts weiter. Die Polizisten, die ihn bis dahin geführt hatten, scherten aus, um die Marschierenden gegen Angriffe aus der Gegenrichtung zu sichern. Nun bildete die Celler SA, wegen des Verbots, ihre braunen Uniformen zu tragen, einheitlich in weiße Hemden und gelbe Hosen gekleidet, die Spitze. Nie zuvor war die Sturmtruppe der NSDAP derart demonstrativ in diesem Teil der Stadt aufgetreten, den die Kommunisten als ihre ureigenste Domäne betrachteten. An den Straßenrändern hatte sich eine größere Menschenmenge versammelt, die die Gefolgsleute Hitlers mit Rufen wie "Rot Front!" und "Nazi verrecke!" begrüßten. Am Maschplatz, allgemein "Roter Platz" genannt, ging dann ein Steinhagel über die SA-Leute her, Kommunisten drangen mit Messern, Totschlägern und anderen Waffen auf sie ein, und die ganze Marschkolonne geriet durcheinander. Schließlich trieb die Polizei die Menge mit dem Gummiknüppel auseinander, wobei auch einige Schüsse abgegeben wurden. Die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten hatten vier Schwer- und acht Leichtverletzte zu verzeichnen, darunter auch Generalleutnant v. Henning, der wenige Monate zuvor noch öffentlich seine Bereitschaft zum Bürgerkrieg bekundet hatte und nun am eigenen Leib erfahren musste, was Straßenkampf bedeutete.

Die Angreifer waren anscheinend glimpflicher davongekommen, was wohl mit daran lag, dass sie ihren Rückzug in die St. Georg-Straße, die sogenannte "Masch", mit einer aus einem umgestürzten Wagen gebildeten Barrikade gedeckt hatte. Neun Festgenommene wurden einige Wochen später wegen Landfriedensbruchs zu Gefängnisstrafen bis zu einem Jahr verurteilt, wobei das Erweiterte Schöffengericht als strafmildernd betrachtete, dass der Marsch der Nationalsozialisten und Stahlhelmer durch die Blumlage eine unangebrachte Herausforderung dargestellt habe. [CZ vom 20., 21. und 22. August 1932] Ein weiterer Angeklagter wurde freigesprochen. Am Abend des Tages der Urteilsverkündung versammelte sich in der "Union" eine beträchtliche Zahl von Teilnehmern zu einer Protestkundgebung gegen diesen vermeintlichen Fall von Klassenjustiz. Abgesehen von einigen mittlerweile als üblich angesehenen Schlägereien, kam es in diesem Zusammenhang aber zu keinen weiteren Ausschreitungen.

Quelle: http://www.celle-im-nationalsozialismus.de/Dokumente/SA_Bertram.html

„Die Fahne hoch!" - 1933 wurde das Horst-Wessel-Lied zur zweiten Nationalhymne …

Am Abend des 14. Januar 1930 wurde der 22-jährige Berliner SA-Führer Horst Wessel von kommunistischen Gegnern in seiner Wohnung überfallen und durch einen Pistolenschuss lebensgefährlich verwundet. Den Folgen dieser Verletzungen erlag er sechs Wochen später. Mit dem Tod kam der Kult. Der junge Mann avancierte zum Märtyrer der NS-Bewegung, und das von ihm geschaffene Kampflied stieg zur NSDAP-Parteihymne („Weihelied“) und 1933 zur zweiten deutschen Nationalhymne auf:

Horst Wessel, hier verklärt in einer Büste von dem Berliner Bildhauer Paul Gruson„Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen!
S. A. marschiert mit ruhig festem Schritt.
Kam’raden, die Rotfront und Reaktion erschossen,
marschiern im Geist in unsern Reihen mit.

Die Straße frei den braunen Bataillonen!
Die Straße frei dem Sturmabteilungsmann!
Es schau’n aufs Hakenkreuz voll Hoffnung schon Millionen.
Der Tag für Freiheit und für Brot bricht an.

Zum letzten Mal wird Sturmalarm geblasen!
Zum Kampfe stehn wir alle schon bereit.
Bald flattern Hitlerfahnen über allen Straßen,
die Knechtschaft dauert nur noch kurze Zeit!“

 Quelle: DIE ZEIT 39/2003

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Thomas Bremer 2004